Valerie Veloute – Geschäftsbericht
Prostitution ist nach wie vor ein Geschäftsfeld, über das hauptsächlich mit vorgehaltener Hand gesprochen wird. Es gibt nur wenige Zahlen und Fakten, viele Dunkelziffern und viele Vorurteile gegen das Gewerbe, sowie gegen die Menschen, die darin tätig sind. Ein interessantes Thema, wie wir finden. Wir stellten uns die Frage, wie ein professionelles Bordellgewerbe aussehen könnte, indem die klassischen Eigenschaften, die Bordellen zugeschrieben werden (Ausbeutung, Gewalt, Unterdrückung gegenüber SexarbeiterInnen), nicht existieren. Wir wollten ein professionell arbeitendes, wirtschaftlich Ernst zu nehmendes Unternehmen erschaffen, welches beweisen soll, dass Prostitution auch funktionieren kann. Es war uns jedoch wichtig, die negativen Aspekte, die nun einmal häufig im Bereich der Sexarbeit anzutreffen sind, nicht vollständig auszuklammern. So entstand die Idee, den Geschäftsbericht mit „Schattenseiten“ zu versehen. Eine direkte Gegenüberstellung eines Ideals und dessen Gegensatz, beziehungsweise den von der Realität nicht wegzudenkenden, unschönen Situationen und Gesetzesregelungen unter denen viele Sexarbeiter und Sexarbeiterinnen leben und arbeiten müssen. Die Schattenseiten sind visuell klar vom restlichen Geschäftsbericht abgegrenzt, gleichzeitig aber fest darin integriert. Mit pinkem Buntstift und krakeligen Linien haben wir den Geschäftsbericht „korrigiert“. Illustrationen haben wir überzeichnet, ergänzt oder komplett überarbeitet und auf eine neue Seite gesetzt. In durchgestrichenen Textpassagen, Unterstreichungen oder alternativen Textpassagen in pink finden sich die Schattenseiten auch in der Typografie. Mit dem Stilmittel der „frechen Korrektur“ wollen wir auf das aufmerksam machen, worüber nicht gerne gesprochen wird. Die Schattenseiten der Prostitution dürfen, glauben wir, in einem Bericht über Prostitution nicht fehlen. Dass es aber funktionieren kann und Menschen in diesem Gewerbe freiwillig und selbstbestimmt tätig sein können, daran glauben wir ebenfalls.
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